Willi Fleddermann

Bühnenautor, Text & Musik, Fotografie



Jerusalem

(Auszug aus „Mein Tag mit Paulus“, Kapitel „Jerusalem“)

Liebet eure Feinde

Paulus: (erregt) Abraham ist der Vater von uns allen, wir alle und seine Kinder. So gilt Gottes Versprechen, Abraham und seinen Nachkommen die ganze Erde zum Besitz zu geben, auch uns. Es gilt für alle, die wie Abraham aus dem Glauben leben. Doch wenn wir nicht aufhören, um das zu streiten, was wir gemeinsam von Gott empfangen haben, haben wir nichts Besseres als den Tod verdient!

Malena: Das sagst du, der du doch Liebe predigst! Es muss einen Weg geben! Du hast an die Bergpredigt Jesu erinnert: Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. Darin und in der Botschaft der Bergpredigt insgesamt fordert Jesus ein radikales Umdenken. Er will den neuen Menschen, der eine neue Erde möglich macht. Doch Menschen kann man nicht ändern, wenn sie sich nicht selbst ändern wollen. Jesus kämpft also für die Umkehr der Herzen!

Paulus: (nachdenklich) Vergib, dass ich meinem Zorn nachgab und mich zum Richter aufspielen wollte. „Richtet nicht, damit ihrnicht gerichtet werdet“, sagt Gott, „ich selbst werde vergelten.“

Malena: Einer unserer Philosophen schrieb: „Liebe deinen Feind, er ist wie du!“ Ist das ein Weg: sich selbst im Feind zu erkennen, um ihn zu verstehen?

Paulus: Warum nicht. Wir sollten im Einklang damit auch bemüht sein, das Bild zu verändern, das sich der andere von uns macht. Salomo sagte: Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen, und wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Dann wird es ihm bald leid tun, dein Feind zu sein.

Malena: (seufzt) An guten Ratschlägen mangelt es wirklich nicht. Die praktische Umsetzung ist schwieriger. Doch wir müssen etwas tun, damit wir nicht länger einander umbringen und unsere Welt zerstören. Wir müssen das Leben wählen, damit unsere Kinder leben können!

Paulus: Jesus sagte noch viel mehr. Lasst doch die Kinder zu mir kommen, befahl er seinen Jüngern, denn für sie steht Gottes neue Welt offen! Kinder haben oft eine verblüffend einfache, schlichte Sicht der Dinge. Doch wann hören wir schon auf das, was sie zu sagen haben …

Der Junge aus Jerusalem
Handlung: Kinder vieler Nationalitäten aus allen Teilen der Welt ziehen nach Jerusalem und singen ihr Lied für den Frieden.

Erzähler: Wieder einmal empörten sich die Kinder über den Krieg.

1. Kind: Warum lassen die Mächtigen zu, dass in vielen Ländern der Erde die Menschen verzweifelt sind, weil Gewalt und Chaos, Angst und Entsetzen regieren?

2. Kind: Warum lassen die Mächtigen zu, dass Menschen arm sind und nichts zu essen haben? Dass sie krank werden und sterben müssen?

3. Kind: Warum lassen die Mächtigen zu, dass immer wieder Familien aus ihrer Heimat vertrieben werden?

4. Kind: Warum lassen die Mächtigen zu, dass viele Kinder ihre Väter nie wieder sehen, weil andere Väter sie im Krieg umgebracht haben?

Alle Kinder: Wenn die Erwachsenen es nicht fertig bringen, Gewalt, Not und Elend zu beenden, werden wir Kinder sie dazu zwingen!

Erzähler: Und sie zogen nach Jerusalem – in die Stadt, die sich ebenso wie die Kinder nach Frieden sehnte.

Solist: (Gesang, unterstützt durch Kinderchor)
Sie kamen aus Tripolis, Moskau und Prag,
aus Kabul, Karatschi, Damaskus, Den Haag,
aus Ramallah, Paris, Grossny, Peking, Darfur.
Sie folgten in Jerusalem der blutigen Spur.
Sie kamen aus Brüssel, aus London und Wien,
New York, Sarajevo, Saigon und Berlin,
aus Belfast, Bangla Desh, Kairo, Bagdad und Rom.
Der Junge aus Jerusalem sagte: „Shalom!“

Erzähler: „Shalom“, sagte der Junge aus Jerusalem. Shalom heißt Frieden. Und die Kinder überlegten, wie sie der Welt Frieden bringen könnten.

Kinderchor:
Ihr Großen, euch blendet das Spiel mit der Macht!
Gewalt hat nur Kummer und Tränen gebracht!
Dort, wo Hunger und Armut regier’n, Tod und Leid,
sind verzweifelte Menschen zu allem bereit.
Ihr Reichen, wann ladet die Armen Ihr ein?
Wer gibt, dem vergibt man, dem wird man verzeihn!
Geht einander entgegen! Die Antwort heißt: „Komm!“
Der Junge aus Jerusalem sagt euch „Shalom“.

Erzähler: „Shalom“, sagte der Junge aus Jerusalem. Und als sie auseinander gingen, sangen die Kinder ein neues Lied für den Frieden.

Kinderchor:
Wir kämpfen für Frieden, ihr Großen der Welt,
und haben ein Licht in das Fenster gestellt!
Geht einander entgegen! Die Antwort heißt: „Komm!“
Der Junge aus Jerusalem sagt euch „Shalom“!
Geht einander entgegen! Die Antwort heißt: „Komm!“
Der Junge aus Jerusalem sagt euch „Shalom“!